Die anerkannten Wunder im Selig- und Heiligsprechungsprozess


Für die Selig- und Heiligsprechung von Mutter Maria Bernarda Bütler war je ein Wunder notwendig. Der Nachweis von je einem Wunder wurde mit dem neuen Kanonisationsverfahren von 1983 festgelegt. Früher waren zwei bis vier Wunder notwendig. Keine Wunder sind notwendig, wenn die Kandidaten als Märtyrer gelten. Zusätzlich zum anerkannten Wunder braucht es die Bedingung, dass diese Wunder mit Gebeten in Verbindung stehen, die an eine bestimmte verstorbene Person gerichtet wurden.

 

In der heutigen Zeit haben Menschen es schwerer an Wunder zu glauben. Besonders kritisch werden Wunder beleuchtet, bei denen eine höhere Macht mitgewirkt haben soll. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass viele Wunder, an die man früher geglaubt hat, heute wissenschaftlich erklärbar sind. Die Massstäbe, die der Vatikan an möglicherweise wundersame Ereignisse anlegt, sind recht hoch und werden immer restriktiver. Heute kommen fast nur unerklärliche Heilungen in Frage.

 

Ein juristisches Verfahren für die Anerkennung von Wundern gibt es schon seit dem 13. Jahrhundert. Es ist überliefert, dass bei der Heiligsprechung von Karl Borromäus (1610) zum ersten Mal auch Mediziner auf Anweisung des damaligen Papstes mit dem medizinischen Aspekt der Wunder befassten. Einige Jahrzehnte später wurde dies verpflichtend. Seit 1917 müssen sogar zuerst zwei Mediziner ein mutmassliches Wunder positiv beurteilen, erst danach geht die Akte auch an die Theologen. Papst Pius XII. richtete 1948 eine medizinische Kommission für die Wunder-Anerkennung ein. Diese muss bestätigen, dass ein mutmassliches Wunder wissenschaftlich nicht zu erklären sei. Für die Anerkennung eines Heilungswunders sind sieben Kriterien erforderlich. Diese gehen im Wesentlichen auf Papst Benedikt XIV. (1675-1758) zurück:

  • Es muss sich um eine schwere Krankheit handeln, die unmöglich oder wenigstens schwierig zu heilen ist.
  • Die geheilte Krankheit darf nicht schon im Abklingen sein, so dass sie kurz nach der Heilung sowieso verschwunden wäre.
  • Es darf keine Arznei verabreicht worden sein. Wenn Medikamente angewandt wurden, muss deren Wirkungslosigkeit bestätigt worden sein.
  • Die Heilung muss sich plötzlich und augenblicklich vollziehen.
  • Die Heilung muss vollkommen sein.
  • Es darf vorher unter Einfluss eines bestimmten Mittels oder zu gewohnter Stunde keine unvermutete Krise eingetreten sein; in diesem Falle könnte man nicht sagen, dass die Heilung wunderbar, sondern nur, dass sie ganz oder teilweise natürlich erklärbar ist.
  • Nach der Heilung darf kein Rückfall der geheilten Krankheit eingetreten sein.

 

Die restriktive Haltung zeigt sich am Marien-Pilgerort Lourdes, der als Ort gilt, an dem viele Heilungen stattgefunden haben sollen. Man spricht von gegen 30'000 Heilungen, die von den Menschen als Wunder aufgefasst werden. Von denen wurden nur etwa 7'000 dokumentiert bzw. dem dafür zuständigen Büro gemeldet. Bis zum Jahr 2021 wurden aber nur 70 als Wunder vom Vatikan anerkannt.

 

Für die definitive Anerkennung als Wunder ist die «Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse» Vatikan zuständig. Das letzte Mal hat die Kongregation die Bedingungen für Wunder 2016 verschärft. So kann ein mögliches Wunder nicht mehr als dreimal zur Untersuchung vorgelegt werden, danach gilt es als nicht anerkannt.

 

Forschungsstand: 21.08.2021, Autor: Gerhard Imbach